INTERVENIEREN/PARTIZIPIEREN

Femen activists protest in Belo Horizonte against farmers, in support of the Guarani-Kaiowás
© Revista Época

Wie können Individuen und Gruppen in der Gesellschaft intervenieren und partizipieren und welche Rolle kommt dem Körper hierbei zu? Wie steht es um die Handlungsfähigkeit des Körpers, sein Vermögen, wirksam in die gesellschaftlichen Verhältnisse einzugreifen? Diskutiert werden diese Fragen anhand eines breiten Spektrums von Beispielen wie etwa des arabischen Frühlings und angesichts von sozialen Bewegungen wie ‚Occupy‘. Im ­Mittelpunkt stehen Formen der tänzerischen Emanzipation von Traumata und Unterdrückung, Akte der körperlichen Selbstermächtigung sowie die choreografische Verarbeitung von politischem Chaos und sozialer Krise. Konfrontiert wird weiterhin das Ästhetische des ­Protests der sozialen Bewegungen mit dem Politischen von Choreografien im öffentlichen Raum. Hinzu kommen Perspektiven auf Körper jenseits der Norm, die das subversive Potenzial von „differently abled bodies“ thematisieren.

Fr, 7. Juni    12:00

  • 12:15 - 13:00    Capitol, Club Video

    Akt der Ermächtigung

    Ein Dialog über die Körper des Tanzes in arabischen Kulturen

    N. Hadj-Benchalabi, S. Noeth
    Akt der Ermächtigung© Sandra Noeth

    In arabischen und insbesondere islamischen Kulturen werden tanzende Körper häufig vor dem Hintergrund eines ‚patrimonialen‘, religiösen, mystischen und angestammten Erbes betrachtet, was Folgen für ihre Benennung und Beschreibung sowie für ihre Interpretation und Darstellung hat. Diese Wahrnehmung vernachlässigt jedoch die Vielfalt der von den Tänzern und Choreografen gewählten Materialien und Methoden, mit denen sie sich im Spannungsfeld zwischen traditionellen und zeitgenössischen, lokalen und universalen Ausdrucksformen bewegen.
    Der zeitgenössische Tanz in der arabischen Welt zeigt sich – heute mehr denn je – als eine lebendige Kunstform, die Veränderungen anregt und aufnimmt. Vor diesem Hintergrund begreifen Nedjma Hadj-Benchalabi und Sandra Noeth zeitgenössische Tanzproduktion als einen sowohl körperlichen wie auch diskursiven „Akt der Ermächtigung“, der von einem Ausnahmezustand sowie von dem immanenten Gefühl des (öffentlichen) Engagements und der Beteiligung genährt und kontaminiert wird. Als ob der Tanz für die Künstler und für die Öffentlichkeit ein Versuch wäre, eine Antwort auf die komplexen Anforderungen und tiefgreifenden Veränderungen der sozialen Weltordnung zu formulieren.

    Nedjma Hadj-Benchalabi (B) Kuratorin
    Sandra Noeth (D) Tanzwissenschaftlerin, Kuratorin

Fr, 7. Juni    15:00

  • 15:00 - 17:45    tanzhaus, Studio 5

    dé-position

    Forschen zur Handlungsfähigkeit des Körpers

    A. Baehr, C. Bosse, T. Chakar, J. Janša, A. Lahoud, L. Mehanovic, S. Noeth, J. Toufic
    dé-position© Lejla Mehanovic

    Wir leben in einer Zeit tiefgreifender sozialer und politischer Umbrüche, in denen sich anhand verschiedener Situationen des Protests, des Aufruhrs und der Verhandlung im arabischen Raum und anderswo die Frage nach der Handlungsfähigkeit des Körpers neu stellt. Auch die Idee des Choreografischen greift angesichts dieser Ereignisse über die Herstellung und Entwicklung von Strukturen und die Organisation von Bewegung in Zeit und Raum hinaus: Wie lassen sich Chaos und Kollaps choreografisch behandeln? Kann und soll Choreografie mehr tun, als die Umwälzungsprozesse zu kommentieren, zu illustrieren oder darzustellen? Ausgehend von ihrer jeweiligen Arbeitspraxis und ihren disziplinären Hintergründen hat sich eine Gruppe von Künstlern und Theoretikern während eines Forschungstreffens in Beirut diesen Fragen genähert. Vor die Herausforderung gestellt, angesichts der aktuellen Entwicklungen unterschiedliche Einflüsse, Erzählungen, Kontexte und Körper gleichzeitig wahrnehmen und begreifen zu müssen, haben sie das Choreografische dabei als eine Bewegung der kontinuierlichen Um- und Neupositionierung verstanden. So steht der Begriff der „dé-position“ für ein Abrücken vom eigenen Standpunkt, für einen physischen ebenso wie diskursiven Perspektivwechsel als Voraussetzung des Verstehens, Bewertens und Handelns. An zwei Nachmittagen sind die Kongressteilnehmer ein­geladen, die Fragen, Materialien und Praktiken dieser Forschungsarbeit zu teilen.

    Antonia Baehr (D) Choreografin, Performerin
    Claudia Bosse (A) Choreografin, Regisseurin
    Tony Chakar (LB) Architekt, Künstler
    Janez Janša (SLO) Choreograf, Regisseur, Performancetheoretiker
    Adrian Lahoud (UK) Architekt, Architekturtheoretiker
    Lejla Mehanovic (A) Film-, Theaterwissenschaftlerin
    Sandra Noeth (A) Tanzwissenschaftlerin, Kuratorin
    Jalal Toufic (LB) Philosoph, Künstler

Sa, 8. Juni    14:00

  • 14:00 - 17:45    tanzhaus, Studio 5

    dé-position

    Forschen zur Handlungsfähigkeit des Körpers

    A. Baehr, C. Bosse, T. Chakar, J. Janša, A. Lahoud, L. Mehanovic, S. Noeth, J. Toufic
    dé-position© Lejla Mehanovic

    Wir leben in einer Zeit tiefgreifender sozialer und politischer Umbrüche, in denen sich anhand verschiedener Situationen des Protests, des Aufruhrs und der Verhandlung im arabischen Raum und anderswo die Frage nach der Handlungsfähigkeit des Körpers neu stellt. Auch die Idee des Choreografischen greift angesichts dieser Ereignisse über die Herstellung und Entwicklung von Strukturen und die Organisation von Bewegung in Zeit und Raum hinaus: Wie lassen sich Chaos und Kollaps choreografisch behandeln? Kann und soll Choreografie mehr tun, als die Umwälzungsprozesse zu kommentieren, zu illustrieren oder darzustellen? Ausgehend von ihrer jeweiligen Arbeitspraxis und ihren disziplinären Hintergründen hat sich eine Gruppe von Künstlern und Theoretikern während eines Forschungstreffens in Beirut diesen Fragen genähert. Vor die Herausforderung gestellt, angesichts der aktuellen Entwicklungen unterschiedliche Einflüsse, Erzählungen, Kontexte und Körper gleichzeitig wahrnehmen und begreifen zu müssen, haben sie das Choreografische dabei als eine Bewegung der kontinuierlichen Um- und Neupositionierung verstanden. So steht der Begriff der „dé-position“ für ein Abrücken vom eigenen Standpunkt, für einen physischen ebenso wie diskursiven Perspektivwechsel als Voraussetzung des Verstehens, Bewertens und Handelns. An zwei Nachmittagen sind die Kongressteilnehmer ein­geladen, die Fragen, Materialien und Praktiken dieser Forschungsarbeit zu teilen.

    Antonia Baehr (D) Choreografin, Performerin
    Claudia Bosse (A) Choreografin, Regisseurin
    Tony Chakar (LB) Architekt, Künstler
    Janez Janša (SLO) Choreograf, Regisseur, Performancetheoretiker
    Adrian Lahoud (UK) Architekt, Architekturtheoretiker
    Lejla Mehanovic (A) Film-, Theaterwissenschaftlerin
    Sandra Noeth (A) Tanzwissenschaftlerin, Kuratorin
    Jalal Toufic (LB) Philosoph, Künstler

Sa, 8. Juni    16:00

  • 16:00 - 16:45    Capitol, Club

    Wagemutige Körper und ihre Choreografien des Protests

    C. Rosa
    Wagemutige Körper und ihre Choreografien des Protests© Cristina Rosa

    In dieser Lecture Demonstration untersucht Cristina Rosa das politische Potenzial von Choreografie im gegenwärtigen Brasilien. Sie zeigt, wie Menschen ­körperliche Risiken ein­gehen, um ihrem Protest größere Sprengkraft zu verleihen. Vom afro-brasilianischen Kampftanz Capoeira über die an Trancezustände der Voodoo-Kultur anknüpfende brachiale Tanztechnik „physical perception” der Grupo Cena 11 bis hin zum angedrohten Massenselbstmord des indigenen Volkes der Guarani-Kaiowá im Oktober 2012 beschreibt Cristina Rosa Choreografie als radikale Aktion im Kampf um Menschenrechte und Lebensraum.

    Cristina Rosa (BRA/USA) Tänzerin, Tanzwissenschaftlerin

Sa, 8. Juni    17:00

  • 17:00 - 17:45    Capitol, Club Video

    Grenzkontrolle

    Perspektiven auf Körper jenseits der Norm

    K. O’Reilly
    Grenzkontrolle© Farrows Creative/Nt'l Theatre Wales

    „Du sagst radikal, ich sage konservativ,du sagst inklusiv, ich sage subversiv…“

    Die Dramatikerin und Dramaturgin Kaite O’Reilly arbeitet seit 2003 intensiv mit gehörlosen und behinderten Menschen zusammen. In diesem Vortrag untersucht sie die Möglichkeiten und Grenzen künstlerischer Inklusion in Performances z.B. von Jérôme Bel und David Toole ­(u.a. Candoco Dance Company, DV8) sowie in ihrer eigenen Arbeit. Wie stark ist der Umgang mit dem „atypischen Körper” politisch und ­kulturell geprägt? Welche (Fehl-)Interpretationen können die unterschiedlichen ­Darstellungen zur Folge haben? Wie verhält sich der Normalitätsbegriff der Mehrheitsgesellschaft zu einer ­politisierten „disability ­culture”, die die Vielfalt menschlicher Unterschiede bejaht?

    Kaite O’Reilly (UK) Dramatikerin, Dramaturgin

So, 9. Juni    10:00

  • 10:00 - 10:45    Capitol, Club Video

    Tanz, Yoga und urbaner Aktivismus als parallele Praxis

    N. Johar
    Tanz, Yoga und urbaner Aktivismus als parallele Praxis© Pavan Bisht

    Das tänzerische Selbstverständnis Indiens ist nach wie vor vom klassischen Tanz und seinem verklärenden Blick auf die Vergangenheit geprägt. Als Reaktion darauf verbindet das von Navtej Johar gegründete Studio Abhyas in Neu-Delhi Yoga, Tanz und urbanen Aktivismus miteinander. Diese drei auf den ersten Blick völlig unabhängigen Körperpraktiken befruchten einander kontinuierlich gegenseitig und helfen so, ein physisches Bewusstsein für das „Hier und Jetzt“ zu entwickeln, das uns in die Lage versetzt, auf die komplexe urbane Realität einer Millionenstadt zu reagieren und einzuwirken. Dem apolitischen Vergangenheitskult im klassischen Tanz wird so eine zeitgenössische politische Kunstform entgegengesetzt.

    Navtej Johar (IND) Choreograf

  • 10:00 - 12:45    tanzhaus, Studio 6

    Choreografie, Protest, Öffentlichkeit

    G. Klein, O. Marchart, M. Nachbar, V. Tsianos, M. Tsomou
    Choreografie, Protest, Öffentlichkeit© Anja Kühn

    Lässt sich Protest choreografieren? Lässt sich mit Choreografie protestieren? Das Labor thematisiert das Verhältnis von Ästhetischem und Politischem. Es fragt sowohl nach der Rolle der Choreografie in aktuellen urbanen Demokratisierungsbewegungen als auch nach den politischen Dimensionen von künstlerischen Performances im öffentlichen Raum: Unter welchen Bedingungen wird ein städtischer Raum mit den Mitteln der Choreografie zu einer politischen Öffentlichkeit transformiert? Diese und andere Fragen werden anhand von aktuellen Beispielen und mit Hilfe von künstlerisch-wissenschaftlichen Verfahren diskutiert.

    Gabriele Klein (D) Tanzwissenschaftlerin, Soziologin
    Oliver Marchart (D) Soziologe
    Martin Nachbar (D) Choreograf
    Vassilis Tsianos (D) Soziologe, Mitbegründer Kanak Attak
    Margarita Tsomou (D) Wissenschaftlerin, Mitherausgeberin ­Missy Magazine